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Gedanken zum Thema Zweifel

Es geht um diesen Punkt im Leben, an dem man sich nicht mehr sicher ist, ob ein bestimmter Weg, den man eingeschlagen hat, der richtige ist.

Zweifel – eine wirklich unangenehme Sache. Das Leben ist wesentlich schöner ohne Zweifel. Man lebt und tut, was man tut, weil nichts anderes in Frage kommt; man ist, wer man ist, weil eben nichts anderes in Frage kommt.

Wenn aber die Frage „kommt“, dann ist es geschehen – Zweifel haben sich eingestellt. Wo die Frage, da auch die – Suche  - die Suche nach der Antwort. Die Antwort ist jedoch ein fernes, manchmal gar unerreichbares Ziel. Der Weg dahin ist weit und anstrengend, denn dieser Weg ist die Suche; und die Suche ist ein Sammeln von Informationen, vielen Informationen. Diese Informationen heißt es ständig auszuwerten, zu verwerten. Nicht alle Zweifler gelangen immer ans Ende dieser Suche – zur Antwort, nein, manche verirren sich, ertrinken in diesem Meer von Informationen, wissen nicht mehr, was vorn, was hinten; manche können auch einfach keine Informationen ergattern. Diese Armen, sie verzweifeln.

Und auch jene, die bis ins Ziel gelangen, sind danach noch lange nicht bewahrt vor neuem Zweifel.

Die Antwort zu ihrer Frage stellt sie letztlich nämlich meist vor eine „Entscheidung“, eine ganz delikate Angelegenheit: Sie ist wie eine Tür, durch die man treten muss. Keinesfalls eine offene Tür, nein, sie ist verschlossen – mit einem Zahlencode, wenn’s recht ist. Es gibt vielleicht eine ganze Menge von Möglichkeiten verschiedener Zahlenkombinationen, vielleicht gibt es auch nur einen einzigen Knopf, den man drücken muss.

Man kann sich glücklich schätzen, wenn man so eine Tür erwischt: eine Frage  - eine Antwort – eine Lösung.

Weniger beneidenswert sind solche Zweifelnde, die eine wesentlich komplexere Antwort auf ihre Frage erhalten haben und nun aus einer Mehr- oder sogar einer Vielzahl von Entscheidungsmöglichkeiten wählen müssen, zum Beispiel einen dreistelligen Code aus 10 verschiedenen Ziffern meistern müssen, um durch die besagte Tür zu gelangen. Schon haben sich neue Zweifel eingestellt, ehe man sich der alten überhaupt erst einmal entledigt hat.

Nun, diese kurze Demonstration reicht wohl aus, um zu begründen, warum Solche ohne Zweifel die Glücklicheren sind – oder haben Sie etwa Zweifel daran?


Bitte erlauben Sie jedoch, diese kleine theoretische Abhandlung ins Bild zu fassen mit einem der begehrten „Stellen Sie sich vor...“-Beispiele:

Stellen Sie sich also vor, Sie gehen seit zehn Jahren jeden Sonntagnachmittag in ein nahe gelegenes Eiscafe, und bestellen seit Ihrem ersten Besuch stets eine Kugel Erdbeereis. Sie müssen auf Ihre schlanke Linie achten, aber diese eine Kugel Eis pro Woche gönnen Sie sich. Weil Sie sozusagen eine Schlemmer-Genuß-Garantie haben, bestellen Sie sich immer eine Kugel Erdbeereis, denn die erste Kugel, die Sie je in diesem Eiscafe gegessen haben – eben Erdbeereis – hat Ihnen damals ausgezeichnet geschmeckt. Und Sie wissen, wenn Sie sich eine Kugel Erdbeereis bestellen, so wird es Ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder ausgezeichnet schmecken. Faktoren wie Qualitätsverlust des Eises oder Ihre eigene Geschmacksänderung seien in diesem Beispiel aus Simplifizierungsgründen außen vor gelassen.

Sie sind glücklich – zehn Jahre lang, und dann auf einmal – Sie wissen nicht wieso oder woher – verspüren Sie – richtig – Zweifel, nämlich darüber, ob es vielleicht eine Eissorte gibt, die noch viel besser schmeckt. Und nun ist die Verwirrung perfekt. Einundzwanzig verschiedene Eissorten stehen Ihnen zur Auswahl und Sie fragen sich, ob Sie damals tatsächlich rein zufällig die beste Sorte Eis gewählt hatten, oder ob Ihnen womöglich seit zehn Jahren der wahre Genuss entgangen ist?!.

Eine ganze Woche haben Sie sich also zurückgehalten, um sich am Sonntagnachmittag in eine Kugel Speiseeis zu versündigen – und dann – schmeckt sie etwa gar nicht so toll, wie sie schmecken könnte? Aber wenn es nun doch noch eine bessere Sorte Eiscreme gäbe, welche wäre es wohl? Und überhaupt, ist das Eis in Ihrem Eiscafe eigentlich das Beste in der Stadt? Oder vielleicht gibt es ganz woanders noch viel besseres Eis?

Ja, meine Damen und Herren, wenn Sie Ihre Eisgewohnheit einmal soweit hinterfragt haben – dann befinden Sie sich bereits am Rande der Verzweiflung. Und seien Sie ehrlich, würden Sie dann etwa nicht den Tag verdammen, an dem Ihnen Zweifel kamen oder würden Sie vielleicht Ihre Zweifel gar anzweifeln?

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